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Wie wieder mehr Entscheidungen im Sinne der Organisation getroffen werden

In Unternehmen werden immer wieder defensive Entscheidungen getroffen, welche der eigenen Absicherung dienen, jedoch nicht der Organisation.

Hier erfährst du was getan werden kann, damit mehr Entscheidungen im Sinne der Organisation getroffen werden.





Einstieg


Hier beschäftigen wir uns mit dem Thema von defensiven Entscheidungen. Was versteht man unter einer defensiven Entscheidung? Bei einer defensiven Entscheidung trifft die Entscheidungsträgerin eine Entscheidung, welche für die Organisation sachlich nicht die beste Option darstellt. Entweder, um sich selbst zu schützen oder das geringste Risiko einzugehen. Das kann deswegen sein, weil es bequemer ist, weil es weniger Gegenwind bedeutet. Oder weil die Verantwortung jemand anderes trägt, wenn etwas schiefgeht.


Studie


Ich habe hierzu eine Studie mitgebracht. Artinger, F.M., Artinger, S. & Gigerenzer, G. C. Y. A.: frequency and causes of defensive decisions in public administration. Bus Res 12, 9–25 (2019). In dieser Studie wurden 950 Teilnehmerinnen und Teilnehmer anonym befragt, in einer öffentlichen Einrichtung aus allen Hierarchiestufen. Von den Ergebnissen her ist es so, dass rund 80 Prozent der Befragten zugaben, dass sie in den letzten zwölf Monaten eine der zehn wichtigsten Entscheidungen defensiv getroffen haben. Im Durchschnitt wurden 25 Prozent der wichtigsten Entscheidungen nicht im Sinne der Organisation, also defensiv getroffen. Das ist ein Viertel. An dieser Stelle eine kleine Anmerkung. Meine Hypothese ist, dass die wirkliche Anzahl höher ist als diese 25 Prozent. Einfach, wenn wir uns vorstellen, dass man sich erst einmal eingestehen muss, dass ich eine Entscheidung defensiv getroffen habe und dann dies auch in der Studie angeben muss. Wenn es aber in einer Kultur oder auch in meinem normalen Verhalten verankert ist, dass ich so etwas öfter tue, glaube ich, dass ich mir nicht mehr alle Entscheidungen bewusst mache, die ich vielleicht defensiv treffe. Insofern wäre meine Hypothese, dass die Dunkelziffer sogar noch höher liegt. Man hat festgestellt das darüber hinaus, erste Ergebnisse aus DAX-Unternehmen zeigen, dass defensive Entscheidungen dort noch weit verbreiteter sind. Ein Mitarbeiter der Studie sagte, dass defensive Entscheidungen sehr weit verbreitet sind. Also bei öffentliche Einrichtungen, als auch in der privaten Wirtschaft. Aber auch in Krankenhäuser. Und auch führungsebenenunabhängig. Also auch in der oberste Führungsebene werden einige defensive Entscheidungen getroffen. Weitere Ergebnisse der Studie sind, dass eine Abhängigkeit zur Organisationskultur besteht. Genau genommen der Kommunikationskultur und der Fehlerkultur, die ja beides Teile der Organisationskultur darstellen. Und zwar in der Art, wenn die Fehlerkultur als schlecht empfunden wurde, wurden deutlich häufiger defensive Entscheidungen getroffen, als wenn jemand die Fehlerkultur als gut empfand. Und wann ist eine Fehlerkultur gut? Dann, wenn Misserfolge nicht stigmatisiert werden. Man sich gegenseitig unterstützt, auch wenn Fehler passieren. Genauso war das bei der Kommunikationskultur. Entscheidungsträgerinnen, die angaben, in einem Team mit einer guten Kommunikationskultur zu arbeiten, trafen weniger defensive Entscheidungen. Und was ist hier mit positiver Kommunikationskultur gemeint? Damit ist gemeint, dass alle Mitarbeiterinnen eines Teams die Möglichkeit haben, Ideen; Meinungen oder auch Bedenken frei zu äußern, ohne Nachteile befürchten zu müssen. Zu den beiden Punkten, Fehlerkultur und Kommunikationskultur kommen wir später noch einmal. Was bedeutet es, wenn Entscheidungen defensive getroffen werden? Sie verursachen höhere Kosten für die Organisation, haben auch negative Auswirkungen für die Innovationskraft. Die Mitarbeiterführung leidet darunter und auch die Kundenzufriedenheit. Und die Forscher riefen dazu auf, hin zu einer Fehlerkultur, statt zu einer Absicherungskultur zu kommen.


Einfach mal Einfach


Und natürlich muss man sagen, wenn so eine Absicherungskultur vorherrscht gibt es in aller Regel gute Gründe dafür. Diese liegen dann auch nicht bei den Menschen welche diese Absicherung vornehmen, sondern in der Organisation. Und auch in der Organisationskultur. Deshalb gilt es, da heranzugehen und da etwas zu ändern. Ich finde, Fehlerkultur ist so ein sehr großes Wort. Also Kultur, da habe ich immer die Vorstellung, dass da ganz viele kleine Zahnräder ineinandergreifen. Ganz viele und lange Prozesse. Also etwas ganz strategisch Geplantes und Aufgebautes. Und ich dachte so: Nein, das kann auch einmal einfach sein.


Einladungen


Und zwar möchte ich jede, auch Dich einladen, einfach zu überdenken, wie ist deine Einstellung zu Fehlern? Dürfen die sein? Dürfen die nicht sein? Sind die schlimm? Oder sind sie eine Chance zu lernen und sich weiterzuentwickeln? Sind Fehler ganz normal? So nur vom Gefühl her, wie ist deine Einstellung zu Fehlern? Und was müsste dann passieren, damit sie ganz normal sind? Und damit es auch ganz normal ist, darüber zu sprechen. Und jede die Führungsverantwortung hat lade ich ein ganz selbstverständlich über ihre Fehler zu sprechen. Und das kann sie sich gerne für das Teammeeting oder für wiederkehrende Meetings eintragen: einfach mal über seine Fehler sprechen. Und es gibt einen schönen Spruch, der besagt, dass man die Fehler von anderen sehr gerne vor sich und im Blick hat. Jedoch die eigenen Fehler im Rücken. Deswegen einfach die Frage an dich, wann ist dein letzter Fehler passiert? Überlege einmal kurz. Vielleicht schreibst du ihn dir auf. Vielleicht erinnerst du dich auch gar nicht. Also wir haben das nicht immer so im Vordergrund in aller Regel. Aber es lohnt sich, da heranzugehen. Ganz einfach einmal über seine Fehler zu sprechen. Und je weiter man oben in der Hierarchiestufe steht, je selbstverständlicher sollte das sein. Wenn es ganz oben in der Hierarchie völlig normal ist, dass man einfach über Fehler spricht und dies im Miteinander auch wirklich gelebt wird, dann setzt sich das nach unten fort. Beziehungsweise, dann adaptieren andere Hierarchiestufen dort einfach an der Ecke. Auch die Vorbildfunktion kommt greift dort und es besteht die Chance, dass sich mit etwas Unterstützung dieses Verhalten nach unten durchsetzt. Deswegen, je weiter du in der Hierarchie oben bist, desto mehr fühle dich angesprochen, einfach offen über deine Fehler zu sprechen. Werde dir bewusst, was es bedeutet, wenn du einen Fehler machst. Wie gehst du mit dir selbst in diesem Punkt um? An diesem Punkt sollte man als erstes ansetzen.


Umgang mit Fehlern


Wozu ich auch gerne anrege, ist in dem Zusammenhang einen Prozess zu überlegen, der dich und dein Team erleichtert oder dich unterstützt, anders mit Fehlern umzugehen als bisher. Also wenn es völlig normal ist, und es kann auch etwas Spielerisches sein. Oder einfach, dass im Meeting am Ende jeder kurz einen Fehler von sich sagt. Und dazu wird nichts weiter einfach dann gesagt. Sondern jede erzählt nur kurz, was bei ihr irgendwie nicht gut gelaufen ist. Einfach, um das zu normalisieren. Aber auch da würde ich sagen oder möchte ich gerne empfehlen oder einladen, auszuprobieren und mutig zu sein. Was passt für dein Team oder was passt für deine Firma? Wie kriegt ihr einen selbstverständlichen Umgang mit Fehler hin, indem ihr einen kleinen Prozess, nichts Großes, einfach eine Routine einführt, sodass Fehler einfach gegenwärtig sind. Und die allgegenwärtige Präsenz von Fehlern jeder klar sind und transparenter werden. Und der Umgang damit einfach automatisch selbstverständlicher wird. Im besten Fall sollte man natürlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder auch dir selbst auch noch gerne eine Wertschätzung entgegenbringen dafür, dass du dich in irgendeiner Form äußerst. Auch das kann spielerisch sein. Wer zehn Fehler zugibt, bekommt, keine Ahnung, einen Kaffeecoupon oder ähnliches. Es geht nicht darum, dass es etwas Großes ist. Es geht einfach um einen Prozess, der das automatisiert. Und der da so einen spielerischen Umgang mitentwickelt. Oder einfach eine Routine entwickelt. Sodass es normaler wird, dass Fehler einfach immer da sind. Und dass sie einfach in das Bewusstsein dürfen, sozusagen.


Kommunikation


Das Zweite ist die Kommunikationskultur, die je nach Branche sehr unterschiedlich ist. Auch da muss man immer probieren, was passt. Grundsätzlich sollte man an seiner Grundhaltung arbeiten. Also ich kenne das von mir und muss ich gestehen, dass es manchmal Mitarbeiterinnen gibt, wo ich denkt: „Jetzt kommt die schon wieder mit so einer komischen Idee um die Ecke. Und ich weiß gar nicht, was man sagen soll.“ Einfach Wertschätzung entgegenbringen: „Danke, dass du mitdenkst. Danke für deine Ideen. Wir können sie vielleicht nicht alle umsetzen, aber ich finde das toll, dass du mitdenkst und es auch äußerst.“ Und auch wenn sie nicht alle Gedanken praktikabel sind, weil die Mitarbeiterin nicht das ganze Bild hat, immer wertschätzend bleiben gegenüber allen Gedanken, die hochkommen. Man kann sich trainieren, dass man das schafft. Das ist ein erster wichtiger Schritt an der Stelle, nicht gleich in die Bewertung zu gehen. Weil es geht nicht darum, alles umzusetzen. Es geht darum, dass es gewürdigt wird. Das gesehen wird, dass sich jemand Gedanken gemacht hat oder dass sich da jemand öffnet. Das ist an der Stelle einfach super.


Weitere EInladungen


Wenn man am Freitag gegen Feierabend noch einmal ein paar Minuten Luft hat zum Nachdenken: Was muss passieren, damit deine Mitarbeiterinnen sich sicher fühlen oder die Sicherheit spüren, dass sie Ideen, Fragen und Bedenken jeglicher Art äußern können? Was glaubst du, was muss dazu passieren, damit sie sich wirklich sicher fühlen? Und wirklich aus dieser Sicherheit heraus dann öffnen können?

Mir fällt gerade ein, das ist jetzt noch einmal ein Sprung zum Thema Fehlerkultur. Aber beim Thema Sicherheit, es gibt Settings im größeren Stil, ich weiß nicht, vielleicht kennt ihr das auch, die „Fuck-up-Nights“, wo sich manche an dem Titel ein bisschen stört. Wo Menschen sich hinstellen und über Fehler reden. Wo etwas einfach nicht geklappt hat. Oder wo sie eine Bruchlandung erlitten haben. Da setzen sich dann eintausend Leute hin in Frankfurt zum Beispiel und hören sich das an. Einfach, weil in diesem Moment das Thema klar ist. Es steht vorne drauf, es ist etabliert. Es ist irgendwie auch cool. Es ist irgendwie auch ein bisschen hip. Und dann setzt man sich hin und redet über Fehler. Aber was muss man denn tun, damit man so ein Setting hinbekommt im ganz normalen Unternehmensalltag? Welche Sicherheit oder Setting wird gebraucht? Also wie kann man das unterstützen, dass sich die Mitarbeiterinnen sicher fühlen, dass sie das tun können? Spürbare Wertschätzung ist ein wichtiger Punkt. Wenn man auf diesen Fuck-up-Nights ausgebuht werden würde, dann würde da das wahrscheinlich auch irgendwann keiner mehr machen. Dort wird stattdessen geklatscht und die Vortragenden bekommen auch Zuspruch weil sich öffnen, deswegen geht das.

Auch hier gibt es Möglichkeiten, dies über einen kleinen Prozess oder über eine kleine Automation zu trainieren. Oder die Kommunikation dahingehend einfach auch ein bisschen anders zu gestalten. Indem man zum Beispiel ein Brainstorming mit abwegigen Ideen regelmäßig durchführt. Also da auch wieder eine Routine bekommt. Das muss nicht lange sein, das kann zehn Minuten sein oder eine Viertelstunde. Wo man über Dinge nachdenkt, die völlig unrealistisch sind, aber einfach einmal gedacht werden dürfen. Die fantastisch sind oder die man sich sonst nicht trauen würde zu äußern, aus irgendwelchen Gründen. Einfach einmal heraus damit. Damit es irgendwie normaler wird und man sieht, es passiert gar nichts. Ich kann hier alles sagen und ich werde deswegen nicht abgewertet. Oder ich werde deswegen nicht komisch angeguckt oder so. Da zeigt dann einfach die Praxis auch, dass es geht. Und was auch möglich ist, dass man einfach reihum immer einen Bedenkenträger nominiert. Also, dass es jemanden gibt, der immer zu einem bestimmten Zeitpunkt, in einem Meeting aus der Rolle heraus Bedenken hineingibt. Und dann kann man darüber reden, sprechen und kann sagen, warum das so sein kann oder warum auch nicht. Aber auch da wird wieder der Umgang damit trainiert. Es wird dann einfach gelebt. Auch wenn es dann ein festes Setting ist, ist durchaus die Chance gegeben, dass andere sich dem anschließen. Und sich trauen Bedenken zu äußern, wenn sie diese wirklich haben. Alles in allem, wenn man der Organisation dienen will und bessere Entscheidungen für Sie möchte, lade ich herzlich dazu ein, über Fehlerkultur oder auch über den Umgang mit Fehlern nachzudenken. Und auch die Kommunikation so offen zu gestalten, dass alles gesagt werden kann. Und dass die Mitarbeiterinnen sich einfach sicher dabei fühlen, wenn sie Ideen oder andere Dinge äußern.


Ich wünsche viel Spaß mit diesen Gedanken.




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